Grossstadtgedanken #3 Ist es egoistisch, keine Kinder haben zu wollen?

Geheimtipp Hamburg Kolumne Laura Kinder Kriegen Unsplash – ©Unsplash

Wer sich als Frau der Dreißig nähert, hört es immer lauter: Das vermeintliche Ticken der biologischen Uhr. Die Frage, ob man in diesem Leben noch Kinder haben möchte, wird plötzlich immer konkreter – nicht nur im eigenen Kopf, sondern auch im eigenen Umfeld. “Wie, du willst keine Kinder haben?”, “Deine Meinung ändert sich bestimmt noch, wenn du älter bist”, “Kinder sind das größte Glück der Welt”. Aber: Ist das wirklich so? Machen Kinder das Leben wirklich besser? Wer sich als Frau ein Leben ohne Kinder bevorzugt, steht dieser Einstellung gefühlt alleine auf weiter Flur.

Kolumne #3 Grossstadtgedanken

Was es bedeutet, als Millennial in einer Großstadt zu leben, weiß Laura gut – und das, obwohl sie eigentlich im ländlichen Dorfidyll aufgewachsen ist. Zwischen Konzertbesuchen, Yogastunden und gutem Kaffee schreibt sie hier über die Gedanken, Sehnsüchte und Gefühle einer jungen Generation.

Frausein bedeutet nicht Muttersein

Denn in unserer Gesellschaft ist Lebensglück ohne Kinder kaum vorstellbar. Frausein ist immer noch automatisch ans Muttersein gekoppelt. Das wird uns schon in der Kindheit eingetrichtert, wenn wir als Mädchen Puppen geschenkt bekommen, um schon mal das Muttersein “üben” zu können. Frauen sollen fürsorglich sein, mütterlich und liebevoll. Wer als Frau allerdings für keine Kinder sorgen möchte, sondern lieber für sich selbst, gilt als egoistisch, wenn nicht sogar feige. Das ist doch absurd. Kinder zu bekommen bedeutet eben auch, bestimmte Opfer bringen zu müssen: Geld, Zeit, Energie, Freiheit – berechtige Gründe, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Wer sich also nicht dazu bereit fühlt (oder es sich gar nicht leisten kann), diese Opfer zu bringen, sollte nicht für diese Entscheidung verurteilt werden.

Geheimtipp Hamburg Kolumne Laura Grossstadtgedanken Kinder Kriegen Unsplash – ©unsplash
Frausein und Muttersein dürfen sich ausschließen
© unsplash

Verpasst man etwas?

In meinem Kopf schwirrt häufiger die Frage, ob man nicht etwas im Leben verpasst, wenn man sich aktiv gegen Kinder entscheidet. Ob man es nicht später, im Alter, bereut. Vielleicht kommen mir solche Gedanken, weil ich zu viel „Gilmore Girls“ geschaut und diese coole, lässige Mutter-Tochter-Beziehung von Lorelai und Rory immer bewundert habe (okay, haben wir alle, oder?). Vielleicht aber auch einfach, weil ein Leben ohne Kinder von der gesellschaftlichen Norm abweicht und es im Umfeld für viele Menschen zum Lebensplan dazu gehört, Babys zu bekommen. Immerhin ist es laut Wissenschaft nicht belegt, dass Menschen mit Kindern ein glücklicheres Leben führen – eine Studie der Michigan State University zeigte zum Beispiel, dass sich die Lebenszufriedenheit von Eltern nicht unbedingt von der kinderloser Paare unterscheidet.

Geheimtipp Hamburg Kolumne Laura Grossstadtgedanken Unsplash – ©Unsplash
© Unsplash

Kinder machen glücklich – wirklich?

Natürlich können sich Meinungen ändern. Dass sich die Einstellung zum Kinderkriegen aber auch in die andere Richtung ändern kann, macht die Studie „Regretting Motherhood“ deutlich: Die israelische Soziologin Orna Donath befragte dafür Frauen, die Mutter geworden sind und die sich im Nachhinein nicht mehr dafür entscheiden würden. Kurz gesagt: Frauen, die es bereuen, Mutter geworden zu sein. Sie berichteten zum Beispiel von dem Gefühl, in ihrer Rolle als Mutter gefangen zu sein.

Geheimtipp Hamburg Grossstadtgedanken Kolumne Laura Kinder Kriegen Unsplash – ©Unsplash
© Unsplash

„Warum willst du Kinder?“

Mit dem Verweis auf diese Studie möchte ich nur sagen: Das Muttersein ist nicht für jede Frau eine erfüllende Erfahrung und wir sollten in unserer Gesellschaft aufhören so zu tun, als ob es das sei. Warum ist es immer noch so ein Tabu, über die negativen Seiten des Mutterseins und des Kinderkriegens zu sprechen? Statt von jeder Frau zu erwarten, dass sie sich nichts Schöneres vorstellen kann, als Babys in den Armen zu halten, lasst uns bei dem Thema einfach gar keine Erwartungen mehr an Frauen stellen. Und bei einem entsetzten „Waaas, du willst keine Kinder?“ vielleicht auch einfach mal die Gegenfrage stellen: „Warum willst du denn eigentlich Kinder haben?“.