Großstadtgedanken #5 Weihnachten ist nicht für jede:n das große Fest der Liebe

Geheimtipp Hamburg Kolumne Großstadtgedanken Weihnachten

Kennt ihr Johanne? Johanne ist 30, Single und Protagonistin der norwegischen Netflixserie „Weihnachten zuhause“. Johanne lügt ihre Familie am ersten Adventssonntag an und behauptet, einen Partner zu haben, weil sie die ständigen Fragen über ihren Beziehungsstatus nicht mehr erträgt. Also versucht sie innerhalb von 24 Tagen einen Freund zu finden, den sie an Heiligabend mit nach Hause bringen kann – um die Erwartungen ihrer Eltern an eine perfekte Familienweihnacht zu erfüllen. Die Serie macht es einem leicht, Empathie für Johanne aufzubauen und ihre Verzweiflung nachzuempfinden. Abgesehen davon, dass ich euch „Weihnachten zuhause“ nur wärmstens ans Herz legen kann, erwähne ich die Serie hier vor allem, weil Johanne das beste Beispiel dafür ist, dass der Gedanke an Weihnachten nicht in jedem Menschen Glücksgefühle und Vorfreude hervorrufen muss. Sondern vielleicht sogar genau das Gegenteil: Stress, Druck und negative Gefühle.

Geheimtipp Hamburg Kolumne Großstadtgedanken Weihnachten Unsplash 2

Weihnachten macht gesellschaftliche Ungerechtigkeiten sichtbar

Kein anderes Fest im Jahr ist mit so großen Erwartungshaltungen verbunden wie Weihnachten. Wir alle haben dieses verklärte Bild von Weihnachten im Kopf, das sich durch Hollywoodfilme, Traditionen und den Kapitalismus geformt hat. Dabei ist es leicht zu vergessen, dass ein solches Bilderbuch-Weihnachten etwas Privilegiertes hat und diese Zeit im Jahr nicht von allen Menschen als schön und besinnlich wahrgenommen wird. Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten werden an Weihnachten zum Beispiel ganz besonders sichtbar. Denken wir an die vielen Mütter und Frauen, die zu Weihnachten leider immer noch die meiste Care-Arbeit leisten – Geschenke kaufen, Adventskalender befüllen, das Weihnachtsessen vorbereiten und stundenlang in der Küche stehen. Oder die Geringverdiener:innen, die sich keine Geschenke, Tannenbaum oder ein ausgefallenes Weihnachtsdinner leisten können und Weihnachten nicht so verbringen können, wie sie vielleicht gerne würden.

Geheimtipp Hamburg Kolumne Großstadtgedanken Weihnachten Unsplash 3

Weihnachten ist auch die Zeit der Einsamkeit

Die Gründe, weshalb Weihnachten für viele Menschen ein sensibles Thema sein kann, sind vielfältig. Familienkonflikte, Trennungen, psychische oder körperliche Krankheiten können eine Rolle spielen. Aber auch Einsamkeit ist ein großes Thema – denn nicht jede:r hat das Glück, Weihnachten im Kreis der Liebsten feiern zu können. Und gerade während der Festtage kann das Erleben von Einsamkeit besonders schmerzhaft und die Sehnsucht nach emotionaler Nähe besonders groß sein. Wie geht man damit also am besten um?

Geheimtipp Hamburg Kolumne Großstadtgedanken Weihnachten Unsplash

Es ist voll okay, sich nicht nach Weihnachten zu fühlen

Wir sollten uns bewusster machen, dass Weihnachten ganz individuell erlebt wird und uns von Idealvorstellungen befreien, wie das perfekte Fest auszusehen hat – auch wenn uns Weihnachtsfilme, die Werbeindustrie oder das Umfeld gerne ein bestimmtes Bild davon aufdrücken wollen. Wir müssen Besinnlichkeit und Freude nicht künstlich erzeugen. Es ist okay, Weihnachten gar nicht zu feiern oder an Weihnachten traurig zu sein. Es ist okay, seine Familie nicht sehen zu wollen und es ist okay, sich einsam zu fühlen. Es ist okay, keine Gespräche über Weihnachten führen zu wollen und mit Sätzen wie: „Das ist für mich ein schwieriges Thema. Lass uns bitte nicht darüber sprechen“ Grenzen zu setzen. Andersherum sollten wir in Gesprächen mit Freund:innen, Nachbarn, Kolleg:innen etc. nicht automatisch voraussetzen, dass unser Gegenüber Weihnachten genau so bewertet wie wir selbst – und statt „Na, hast du schon alle Geschenke für deine Familie besorgt?“ lieber sensibel „Wie ist dein Verhältnis zu deiner Familie?“ oder „Feierst du Weihnachten überhaupt?“ fragen.

Geheimtipp Hamburg Großstadtgedanken Kolumne Weihnachten Unsplash

Nehmt Hilfe in Anspruch

Wenn euch der Gedanke an die Feiertage belastet, ihr euch an Weihnachten einsam fühlt oder wenn ihr wegen Familienkonflikten nicht mehr weiter wisst, dann scheut euch nicht davor, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Die gemeinnützige Hamburger Initiative REDEZEIT FÜR DICH #virtualsupporttalks ist genau dafür da: Dort arbeiten geschulte und ehrenamtliche Menschen, die euch ein offenes Ohr schenken und euch bei Unsicherheiten, Selbstzweifeln, Einsamkeit, Wut, Hilflosigkeit, Frust, Unruhe, Überforderung und anderen Belastungen unterstützen!