Alles für den Paradiesapfel Die Tomatenretter

In Reitbrook hat sich eine kleine Gemeinschaft zusammengeschlossen. Ihr Ziel: die Tomatenvielfalt retten! Auf dem Hof vorm Deich pflanzen die Tomatenretter jährlich viele verschiedene Früchte an und haben in den letzten Jahren ein Saatgutarchiv erstellt, das mehr als 150 Sorten zählt. Gärtnerin Jule und Hilmar haben uns eine kleine Tour über das 1,5 Hektar große Gelände gegeben und uns ihre kunterbunte Tomatenernte gezeigt.

Jule und Hilmar führen uns über den Hof.

Ab ins Grüne

Reitbrook ist vor allem bekannt für seine Milchhöfe und den Getreideanbau. Grüne Wiesen, auf denen Kühe grasen, und Deiche, auf denen Obstbäume wachsen, schaffen die perfekte Dorfidylle zwischen Dove- und Gose-Elbe. In direkter Nachbarschaft zum Naturschutzgebiet „Die Reit“ liegt der Hof vorm Deich. Die Gewächshäuser an der Gose-Elbe sind das Zuhause der Tomatenretter.

Der Hof vorm Deich in Reitbrook.

Wieso Tomaten?

Die Tomate ist das Lieblingsgemüse der Deutschen. Während die Südtiroler die Frucht Paradeiser oder Paradiesapfel nennen, scheinen wir verlernt zu haben, die Tomate richtig zu schätzen. Denn obwohl wir nichts häufiger kaufen, geben wir uns mit den faden Einheitstomaten aus dem Supermarkt zufrieden. Sie sehen nicht nur alle gleich aus, sie schmecken auch alle gleich öde. Dabei können Tomaten so vielfältig saftig und lecker sein!

Aus diesem Grund haben sich vor etwa 6 Jahren die Tomatenretter gefunden und sich der Mission verschrieben, diese leckere Vielfalt zu erhalten. „Saatgutsouveranität“ nennen sie ihre Kampagne, mit der sie unsere Nahrungsvielfalt sichern möchten. Denn was für die Tomate gilt, betrifft auch alle anderen Frucht- und Gemüsesorten.

Good to know Kleiner Exkurs: Tomate

Ursprünglich sind Tomaten ein Wildgewächs aus den Anden. Die Azteken und Maya waren die ersten, die die Frucht kultivierten. Sie nannten die Pflanze „Xītomatl“ – daher leitet sich die gebräuchliche Bezeichnung von heute ab.

Ihren Siegeszug in Europa trat die Tomate erst viele Jahrhunderte später an. In den ersten Jahren nach ihrer Einführung wollte aber niemand so recht die Frucht essen, denn sie galt als giftig und erotisierend. Die Franzosen tauften sie deshalb auch gleich auf den Namen pomme d’amour „Liebesapfel“. Die Italiener scheinen als erste Europäer größeren Gefallen an der Tomate gefunden zu haben, sie nannten die Frucht pomi d’oro, „Goldener Apfel“.

Von 20.000 verschiedenen Sorten spricht Hilmar, als er uns durch das Tomatengewächshaus führt. Purple Dragon, Charlie Green oder Chocolate Stripes heißen hier die Tomaten. Jetzt im Juli werden die ersten Früchte der 2.000 Pflanzen, die die Tomatenretter dieses Jahr gepflanzt haben, reif. Während es draußen noch ertragbare 30 Grad sind, herrschen hier im Gewächshaus bis zu 50 Grad. Für uns Sauna, für die Pflanzen das Paradies.

Hier wachsen die Tomaten.

So wird man Tomantenretter

Zur Zeit gibt es 13 regelmäßig aktive Tomatenretter. Dazu gehören Hilmar aus Reitbrook, der regelmäßig seine Zeit spendet, um die Pflanzen zu pflegen, und Jule. „Ich wurde gecrowdfunded“, sagt die Gärtnerin. Denn die Tomatenretter brauchten dringend fachkundige Unterstützung, die täglich vor Ort sein kann, um nach dem Rechten zu sehen.

Ab und zu gibt es auch Workshops zur Tomatenpflege, dem Boden oder anderen interessanten Themen, die den Hof vorm Deich betreffen. Als uns Jule und Hilmar uns über das Gelände führen, lernen wir schon viel: Saatgutverkehrsrecht, Gemüsezüchtungen und Bodenbeschaffenheit sind Themen, mit denen wir uns vorher nie so richtig beschäftigt haben. Es blüht, grünt und summt überall. Denn neben Tomaten, pflanzen die Retter mittlerweile auch viele andere Pflanzen an, die sich in Mischkulturen gegenseitig ergänzen.

Hier gibt's nicht nur Tomaten!
Auch viele andere Pflanzen haben eine Platz auf dem Hof.
Man entdeckt an jeder Ecke eine andere Pflanze.
Die Pflanzen ergänzen sich gegenseitig in Mischkulturen.

Duftende Blüten und summende Bienen

Es ist herrlich, die duftenden Kräuter zu entdecken und die Früchte zu naschen. Denn das frische Obst und Gemüse schmeckt so viel intensiver als die gezüchteten Alternativen aus dem Supermarkt! So ein Selbstversorger-Traum ist aber auch aufwendig, denn die Pflege beansprucht viel Zeit. Die Belohnung der Retter ist die Ernte und das Gefühl, am Ende des Tages etwas Gutes geschafft zu haben.

IHR KÖNNT DABEI SEIN Werde ein Tomatenretter!

Jeden Samstag ab 13 Uhr stehen die Türen des Hofs vorm Deich für freiwillige Helfer offen. Zwei Mal im Jahr findet zudem ein kleines Hoffest statt und ihr könnt Setzlinge und Saatgut gegen eine Spende erwerben. Die Früchte und das Gemüse stehen nicht zum Verkauf.

Ihr wollt gleich ein Fördermitglied werden? Ab 5 Euro im Monat werdet ihr offiziell Teil der Tomatenretter. Damit stehen euch im Jahr 3 Kilo Tomaten fest zu!

Die Tomatenretter freuen sich über viele motivierte Helfer! Wir können versichern, ein Besuch auf dem Hof ist der perfekte Ausgleich zum Alltag in der City.

Wir bedanken uns bei den Tomatenrettern Jule und Hilmar für den herzlichen Empfang auf dem Hof vorm Deich.
Wir bedanken uns bei den Tomatenrettern Jule und Hilmar für den herzlichen Empfang auf dem Hof vorm Deich.