Beim Umzug in eine neue Stadt direkt Anschluss zu finden, ist gar nicht mal so leicht. Nabih kann ein Lied davon singen: Als er vor einigen Jahren von Syrien nach Deutschland flüchtete, war es super schwer ohne Freunde und Familie in ein neues Leben zu finden. Dank des Projekts Start with a friend hat Nabih nicht nur in kürzester Zeit Freunde fürs Leben gefunden, sondern auch Hamburg als seine neue Heimat lieben gelernt. Wir haben Start with a friend einen Abend lang begleitet und viel über kulturelle Unterschiede, sprachliche Barrieren und vor allem Freundschaft gelernt.
In unserer Reihe „Ehrensache“ probieren wir für euch Hamburgs Ehrenämter aus. Wo kann man sich engagieren? Und vor allem: wann und wie oft? All das wollen wir für euch herausfinden – und euch im besten Fall dazu ermutigen, selbst Gutes zu tun.
Lachende Leute, vergnügte Gespräche und jede Menge Spiele auf den Tischen – die Stimmung ist ausgelassen in der Superbude St. Pauli. Als wir zum Community-Spieleabend von Start with a friend eingeladen wurden, wussten wir noch nicht so recht, was uns erwartet. Das ehrenamtliche Projekt brachte nämlich zunächst Geflüchtete und Locals auf Augenhöhe zusammen, aber mittlerweile auch einfach Eingewanderte. Was für eine super Sache!
Durch das Prinzip einer Tandem-Partnerschaft wird beiden Seiten ein einzigartiger Blick in das Leben und die Kultur des jeweiligen Partners gegeben. Ein richtig cooles Projekt eben, das Geflüchteten den Start in einem fremden Land leichter macht. In Hamburg gibt es regelmäßig Community-Events, wie Spiele-Abende oder Koch-Events bei denen ihr einfach mitmachen könnt. Das Besondere heute Abend: Locals wie wir können sich informieren, wie sie Tandem-Partner werden können und vor allem, warum sie es werden sollten!
Aber wie funktioniert das Ganze eigentlich? Das Tandem-Duo Nabih und Finn kennen sich mittlerweile seit 8 Monaten und sind schon durch dick und dünn gegangen. Mittlerweile ist Nabih sogar Fellow bei Start with a friend, das heißt, dass er für andere Locals und Geflüchtete erster Ansprechpartner in Hamburg ist. „Ich habe mich zusammen mit meiner Freundin bei Start with a friend gemeldet und wir beide wurden dann relativ schnell mit einem Partner gematched – so habe ich dann Nabih kennengelernt und da wir beide ganz gerne zocken, waren wir auch schnell auf einer Wellenlänge“, erzählt uns Finn mit einem breiten Grinsen.
Natürlich war es für Nabih nicht immer so leicht wie heute. Weit weg von Familie und Freunden kam er nach seiner Flucht vor dem Krieg in einem Flüchtlingsheim in Erfurt unter. „Das Schwerste war nicht die Sprache, sondern überhaupt Anschluss zu finden. Ich wollte dazugehören, aber ich wusste nicht wie“, erzählt uns Nabih nachdenklich. Also macht er sich auf die Suche nach einem Weg: „Ich recherchierte online und fand schließlich Start with a friend und dachte mir, dass ist etwas für mich“, sagt Nabih. Das einzige Problem war: In Erfurt gab es keine Tandems – also auf nach Hamburg! Ende 2018 ging es für Nabih dann nach Hamburg und dort meldete er sich sofort bei Start with a friend an.
Jeder der in dieses Land kommt, sollte versuchen, die deutsche Kultur zu verstehen und Lust haben, mit den Einheimischen etwas zu machen, denn nur so kann man Teil der Gesellschaft werden.
Nabih
Als wir Nabih und Finn interviewen, könnte man denken, die beiden kennen sich schon seit der Kindheit. Natürlich hat Finn Nabih bei sprachlichen Barrieren geholfen, aber die Tandems sind keine Einbahnstraßen. Für Finn ist Nabih das Tor zu einer völlig fremden Kultur und andersherum auch. „Nabih bringt mir nicht nur kulinarisch die syrische Kultur näher, sondern lässt mich kulturelle Eigenheiten mit einem völlig neuen Blickwinkel betrachten und andersherum zeige ich ihm viele deutsche Gewohnheiten“, erzählt uns Finn.
Die beiden wirken wie ein Herz und eine Seele und sind ein Paradebeispiel für interkulturellen Austausch und Freundschaft. Aber zum Abschluss müssen wir natürlich noch wissen, warum man sich bei Start with a Friend engagieren sollte: „Es hilft nicht nur, Vorurteile abzubauen und zu sensibilisieren, sondern auch neue Kulturen kennenzulernen und vor allem sich gegenseitig zu helfen und Freunde zu finden“, antworten uns die beiden mit einem Lächeln. Wir lassen uns noch mal in den Abend fallen und versuchen uns bei einer Runde Jenga. Denn Spiele sind auch immer ein guter Start, um sich kennenzulernen, denn am Ende fällt nicht nur der wackelige Holzturm, sondern auch die aufgebauten Vorurteile. Wir sind nämlich alle verschieden, aber auch ziemlich gleich!
2014 wurde Start with a friend von ein paar Freunden in Berlin gegründet. Die Vision ist es, durch Begegnungen zwischen Geflüchteten und Locals Vorurteile abzubauen und soziale Netzwerke zu stärken – aber auch jeder andere Eingewanderte ist natürlich willkommen. Mittlerweile ist aus dem kleinen Projekt eine bundesweite Organisation geworden, die in über 20 Städten Freundschaften bilden und mittlerweile knapp 6000 Tandems zusammengebracht hat. Ob Hamburg oder Berlin – Start with a friend ist deutschlandweit vertreten und auch ihr könnt euch hier ehrenamtlich engagieren!