Hometown History #8 Oh du schönes Ottensen

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Unser schönes Ottensen kennen wir als kleines, aber sehr feines Fleckchen, an dem viele junge Familien leben, der Bäcker von nebenan einen immer grüßt und als Adresse für zahlreiche kleine Bars und Cafés. Doch dieser belebte, kunterbunter Stadtteil sah vor einigen Hundert Jahren noch ganz anders aus.

Hometown History

In unserer neuen Serie gehen wir zusammen mit der Stiftung Historische Museen Hamburg auf Zeitreise – und finden für euch heraus, warum unsere Hansestadt heute so ist wie sie ist. Ein bisschen wie früher im Geschichtsunterricht, nur ohne, dass ihr Jahreszahlen auswendig lernen müsst. Los geht’s!

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Ottensens Anfänge als kleines Dorf.
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Bauerndorf und Grafschaft Pinneberg? – Ottensens ersten Jahre

Das hübsche Ottensen, so wir es heute kennen, würden wir wohl kaum als Bauerndorf bezeichnen und als Pinneberger Bauerndorf schon mal gar nicht! Doch 1310 war eben noch alles anders – das kleine Ottensen war zu dieser Zeit nämlich noch im Besitz der Grafschaft Pinneberg und diente diesen schlicht weg als finanzieller Puffer, den sie verscherbelten, sobald sie die Kohle brauchten. Sowohl Altona als auch Ottensen waren damals die Heimat der Handwerker und Glaubensflüchtlinge. Als Altona in den Besitz des dänischen Königs kam, managte dieser 1664, dass Altona Stadtrecht zugesprochen wurde, was für eine schnelle Entwicklung des Stadtteils sorgte. Ottensen hingegen blieb das kleine Bauerndorf der Handwerker.

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Die Christianskirche im Jahr 1830.
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Lage, Lage, Lage

Erst zu Beginn der Industrialisierung realisierten Hamburger Kaufleute die attraktive Lage des Bauerdorfs Ottensen und ließen sich hier ihre Häuser hinbauen. Weil Altona 1852 von seinem damaligen Hinterland Schleswig-Holstein aufgrund einer neuen Zollgrenze abgeschnitten wurde, siedelten viele Fabrikanten, die für den Markt in unserem heutigen Nachbar-Bundesland arbeiteten, über nach Ottensen. Erst mal eine große Herausforderung für den kleinen Ort, der mit den ganzen neuen Häusern, neuen Straßen und neuen Betrieben überhaupt nicht gerechnet hatte.

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In den Zeisehallen wurde bis 1979 Schiffpropeller hergestellt.
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Kleine Häuser und Werkstätten

Auch wenn wir uns jetzt vorstellen, dass die neuen Häuser bestimmt die gewesen sein müssen, die wir heute noch kennen, sah das Stadtbild damals ganz anders aus. Die Gebäude waren klein, maximal drei Stockwerke und wirklich nicht besonders schick. Auch die großen Fabrikhallen, die Ottensen noch heute schmücken, stammen aus einer späteren Zeit. Erst mal wurden eher kleinere Arbeitsräume errichtet, denn die großen brauchte man hier gar nicht. In Zeiten der Industrialisierung wurde vieles mit Dampfmaschinen hergestellt, diese wurde mit Wasser betrieben, Wasser, das Ottensen nicht zur Verfügung stand. Erst als 1859 das Altonaer Wasserwerk in Betrieb genommen wurde, konnte Ottensen sich diesem Trend anschließen.

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Ottensen in den in den 1880er-Jahren.
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Plötzlich gehörte Ottensen zu Berlin

Das kleine Dorf wuchs und wuchs – während es 1840 noch 2.400 Einwohner hatte, waren es 1864 schon knapp 7.000. Im gleichen Jahr wurden Neumühlen und Ottensen zusammengeschlossen, was noch mal für einen Schub sorgte, da Ottensen nun offiziell einen direkten Zugang zur Elbe hatte. 1868 wurde Ottensen-Neumühlen dann tatsächlich zur Ortschaft mit „städtischer Verfassung“ unter der Verwaltung von Berlin, da es einige Jahre vorher schon aus dänischem Besitz in preußischen Besitz übersiedelte.

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Die Christianskirche steht noch heute in Ottensen.
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Klinsch zwischen Ottensen und Altona

Ottensen stand schon immer im Schatten des größeren Nachbarn Altona. Als die kleine Ortschaft dann schließlich Teil des Stadtkreises seines Rivalen wurde, erreichte der Klinsch zwischen Ottensen und Altona noch mal ein ganz anderes Level – Baurecht, Schulaufsicht und Co. waren Streitpunkte. Doch auch innerhalb Ottensen gab es Differenzen: Die verschiedenen Lokalpolitiker lieferten sich ein Battle nach dem nächsten und waren sich über gar nichts einig. Das ging so weit, dass als Ottensen 1871 endlich das Stadtrecht erhielt, die Verantwortlichen nicht über den Bau des Rathauses einig werden konnten, also wurde einfach gar keins gebaut.

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Das bunte Leben um die alten Ottensener Fabriken.
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Zusammenschluss von Ottensen und Altona: Ja, nein, vielleicht?

Als Matthias Bleicken, der eigentlich Anwalt und Journalist war, 1874 zum ersten Bürgermeister Ottensens gewählt wurde, versuchte er seine Anhänger davon zu überzeugen, dass ein Zusammenschluss von Altona und Ottensen vielleicht gar nicht so eine schlechte Idee sei. Grund für seinen Vorschlag war die aktuelle Situation vieler Bürger, die in unzumutbaren Verhältnissen lebten. Der neue Bürgermeister war davon überzeugt, dass Ottensen nur überleben würde, indem Altona zur Hilfe gezogen wird. Doch Altona war erst mal nicht bereit, in das hoch verschuldete Ottensen zu investieren, das zusätzlich noch komplett renovierungsbedürftig war. Allerdings brachte der Zusammenschluss auch viele Vorteile für den privilegierten Stadtteil, denn Ottensen hatte noch viel unbebaute Fläche in petto. Im Jahr 1889 haben sich dann alle Beteiligten für einen Zusammenschluss zwischen den beiden Streitkräften entschieden – Ottensen war nun keine eigene Stadt mehr, sondern wurde zum Stadtteil Altonas.

Geheimtipp Hamburg Welcome to Hamburg Ottensen Dahlina Sophie Kock 15 – ©Geheimtipp Hamburg
Die schönen Straßen Ottensens.
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Das neue Ottensen

Durch den finalen Zusammenschluss erlebte Ottensen einen regelrechten Bauboom, viele schöne Häuser entschwanden zu dieser Zeit, viele davon prägen das Stadtbild der bunten Gegend bis heute. Da Ottensen über die Jahre zu einer immer attraktiveren Wohngegend würde, sorgte der damalige Bausenator Gustav Oelsner dafür, dass in den 1920er-Jahren noch mal ein neuer Schwung an Wohnhäusern erbaut wurde. Nach und nach starb das Industriewesen in dem Stadtteil aus. Gefundenes Fressen für einige Stadtplaner, die Industriehallen abreißen wollten, um hier Büroräumlichkeiten und neue Anbindungen zu bauen – unter großem Protest der Ottensener Einwohner. Wie wir heute wissen, sind diese Pläne gescheitert und einige der alten Fabriken sind Kultur- und Gastrolocations, die wir so gerne besuchen. Ottensen hat einen ganz besonderen Charme, der wohl auch auf die Geschichte des Stadtteils zurückzuführen ist. Liebes Ottensen, wir sind so froh, dich in unserer Stadt zu haben und freuen uns, dass wir dich jetzt besser kennengelernt haben.

Was ist das eigentlich? STIFTUNG HISTORISCHE MUSEEN HAMBURG

Die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) ist eine der größten stadt- und regionalgeschichtlichen musealen Einrichtungen Europas. Die Museen repräsentieren die Geschichte Hamburgs und seines Umlandes – von ihren Anfängen um 800 bis zur heutigen HafenCity, vom Hafenarbeiter bis zum Großbürgertum.

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