Und, was suchst du so? 2 Zimmer, Altbau, zentral und Balkon wäre ganz nett. Gerne unbefristet. Ups, auf der Plattform geirrt. Dann eben schöne Dates mit jemandem, der mich versteht und zum Lachen bringt. Intelligent und sportlich wäre noch nett. Gerne längerfristig. Inzwischen lautet meine allgemeingültige Antwort: Ich habe keine Erwartungen mehr. Nichts Bestimmtes. Ich schaue einfach, was sich ergibt und wie es für beiden Seiten passt. Ich lächele dabei müde, versuche nicht komplett verzweifelt zu klingen und mein Gegenüber, und vor allem mich selbst, davon zu überzeugen, dass das der Wahrheit entspricht. Ne, aber jetzt mal im Ernst. Dating und Wohnungssuche gleichzeitig. Die schlechteste Idee, die ich seit langem hatte. Das Einzige, was ich bisher gefunden habe? Gemeinsamkeiten.
- Bei 90 % der Angebote denke ich mir: Oh. Passt bestimmt super zu
jemand anderem.
- Die Überforderung, es mit einer 40-Stunden-Woche zu vereinbaren.
Passt Ihnen heute um 16:30 für eine Besichtigung mit ca. 30
weiteren Interessenten? Ja klar, sicherlich, mach ich möglich. Eine
Nachricht an einem normalen Dienstag um 11 Uhr: Hast du Lust
auf ein gemütliches Frühstück heute? Ich arbeite immer noch. Mo-
Fr. 9-18 Uhr. Diese ungewöhnlichen Zeiten kann man aber auch mal
vergessen. Oder dreimal.
- Geghostet werden.
- Und sich deshalb sogar über Nachrichten freuen, in denen man
eine Abfuhr bekommt. Scheint mit jemand anderem wohl besser
gepasst zu haben. Danke fürs Bescheid geben!
- Jahaa okay, ich gebe es zu: Vielleicht gehöre ich auch hin und
wieder zu denen, die nicht perfekt kommunizieren. Liegt dann aber
meistens an Punkt 2. Sorry!
- Manchmal bin ich an Angeboten interessiert, nehme Kontakt auf
und kurz vor dem Treffen frage ich mich: Wieso? Und: Muss ich
meine Ansprüche wirklich so runterschrauben? Lohnt sich das jetzt
oder kann ich mir – und allen anderen Beteiligten – diese Zeit
sparen, wenn ich im Vorhinein eigentlich schon ganz genau weiß:
das passt nicht?
- Meine Screentime ist so hoch wie noch nie. Ich habe 4 Dating-Apps
auf meinem Smartphone und 5, um eine neue Wohnung zu finden.
Hilfe. Bei Push-Benachrichtigungen mit neuen Angeboten, die mich
interessieren könnten, entsperre ich es sofort und schicke die
perfekt vorformulierte Nachricht raus. (Das gilt inzwischen nur
noch für die Wohnungs-Apps.)
- Der Gedanke: kommt mir irgendwie bekannt vor. Und dann die
Erkenntnis: von einer anderen App. AHHHHH! Die noch viel
schlimmere Erkenntnis: das geht den anderen wahrscheinlich mit
mir genauso. Unangenehm.
- Wenn der Online-Auftritt und die Realität wenig miteinander
gemeinsam haben. Oder zumindest etwas beschönigt wurde.
Stilvoll, geräumig und gut geschnitten. Liegt wohl im Auge des
Betrachters. 1,83m. Ich dann wohl inzwischen auch.
- Sich zu schnell zu verlieben, führt meistens zu Herzschmerz.
Die (gemeinsame) Wohnung direkt nach dem 1. Treffen – oder noch
besser: nach dem 1. Blick auf der App – schon einzurichten, ist
vielleicht noch ein bisschen früh.
- Es gibt meistens einen Haken. Die Traumwohnung ist direkt
auf der Reeperbahn. Und der Traumtyp oder die Traumfrau wohnt
gar nicht in Hamburg und ist gerade nur auf Durchreise. Oder in
einer offenen Beziehung.
- Der wichtige Support von Freund:innen. Alle halten die Augen
und Ohren offen und leiden mit, wenn’s wieder mal nicht klappt.
Eine der letzten Nachrichten: Marie, die Richtige kommt noch.
Immerhin irgendjemand, der noch daran glaubt.
- Double-Texting und wiederholtes Interesse zeigen ist erlaubt
und kann zu einem (Teil-)Erfolg führen. Aber bitte nur, WENN dir
ein Angebot wirklich gut gefällt.
- Wenn es sich zu gut anhört, um wahr zu sein, ist es das
wahrscheinlich auch. Scams und Fakes gibt’s überall.
- Führt uns zum nächsten Punkt. Wenn du von Anfang ein
schlechtes Gefühl hast: lass es sein.
- Die Sache mit dem Commitment. Eine Mindestlauftzeit von
zwei Jahren macht mir dann schon ein bisschen Angst. Vielleicht
sind diese zeitlich befristeten Dinge dann doch gar keine so
schlechte Idee. Also doch lieber nochmal eine Übergangslösung,
bevor ich dann langfristig an etwas gebunden bin und schnell
merke: das ist gar nicht das, was ich will?
- FOBO. Fear of better options. Irgendwas könnte man immer
haben. Aber was, wenn ausgerechnet dann das Komplettpaket um
die Ecke kommt?
- Mein Ego hat ein paar Kratzer bekommen und die
Selbstzweifel an schlechten Tagen einen guten Push. Das kann doch
nicht so schwer sein, oder? Und was haben die anderen eigentlich,
was ich nicht habe? Jaja, ich weiß: ’ne Wohnung und ’ne Beziehung,
ha ha!
- Der Versuch nicht neidisch zu sein auf Menschen, denen alles
immer direkt vor die Füße fällt. Ohne jemals zu suchen. Sich dann
trotzdem freuen und tief in mir drin wissen: Ganz vielen geht’s
genauso wie mir. Oder??
- The one that got away. Manchen trauert man etwas länger
hinterher. Und ist insgeheim nach wie vor davon überzeugt, dass es
das gewesen wäre. Bei mir war’s die sonnige 2-Zimmer-Wohnung in
Eimsbüttel. Für 700 Euro warm. So eine find ich nie wieder …
- Gut gemeinte Tipps, die einen wahnsinnig machen. Wenn es
passt, fühlst du es. Sobald du dich nicht mehr stresst, klappt’s
bestimmt. Dann sollte es einfach nicht sein. Du musst auch daran
glauben und es manifestieren. Kennst du diese App schon? Bei
meiner Freundin hat es da sofort geklappt. Das wird schon.
An alle, die mit mir auf der Suche sind: mein herzliches Beileid. Ich
hoffe, wir finden bald alle genau das, was wir uns schon immer
vorgestellt haben.